Einwand-Integration

In einem kleinen Webinar habe ich alles wesentliche Zusammengefasst:

Die Einwand-Integration ist sicherlich eine der größten Herausforderungen in der KonsenT-Moderation: Wie gehe ich mit schwerwiegenden Einwänden um?

Sinn und Vorteile des schwerwiegenden Einwandes

  • Zuerst einmal ist es Ausdruck von Ehrlichkeit, Echtsein und Transparenz. Etwas passt der Person bei dem Vorschlag nicht und das wird auf den Tisch gebracht vor allen anderen anstatt heruntergeschluckt zu werden oder nachher im kleinen Kreis gesagt zu werden.
  • Es ist ein Warnhinweis: VORSICHT! Wenn wir das nicht beachten, dann kann es Nachteile mit sich bringen. Lieber im Vorfeld nochmal genauer hinschauen, als im Nachhinein viel Energie für das Ausbessern auszugeben
  • Er trennt Wichtiges von Unwichtigem. In der Meinungsrunde können Positionen sehr stark vertreten werden. Wenn es zum KonsenT kommt, trennt sich Spreu von Weizen. Was ist wirklich schwerwiegend und was nur lautes Reden?

Häufig kann ein schwerwiegender Einwand schon im Vorfeld „verhindert“ werden, indem

  • die Bild-Formung umfassend genug ist, damit alle Zahlen, Daten, Fakten auf dem Tisch liegen
  • die Kreismitglieder ihre Meinungen ausgiebig genug vorher mitteilen können
  • bei der Vorschlagsphase immer wieder in die Runde geschaut wird und auf nonverbale und verbale Zeichen geachtet wird (so kann der Moderator vorher schon „schwerwiegendes“ berücksichtigen)
  • bei Polaritäten Stimmungsbilder abgefragt werden, damit Einzelne ihre Position in der Gruppe besser einschätzen können
  • Bei der KonsenT-Abfrage das gemeinsame Ziel ins Bewusstsein geholt wird: „Im Hinblick auf die gemeinsame Vision …. habe ich einen schwerwiegenden Einwand gegen den Vorschlag ….?“

Es gibt einen klaren Prozess, wie mit schwerwiegenden Einwanden umgegangen werden kann:

  1. Durchatmen und innerlich sagen: „Danke für den Einwand!“
  2. Alle Einwände sammeln
  3. Für jeden Einwand
    • Was ist dein „schwerwiegender Einwand?
    • Was sind die Argumente/ Sichtweisen dahinter?
    • Ist es wirklich „schwerwiegend“?
    • Hast du schon einen Lösungsvorschlag?
  4. Mit Einwand-Geber einen Lösungsvorschlag erarbeiten, ggf. mit Unterstützung des Kreis: Wie können wir das lösen oder integrieren? (Weisheit der Gruppe).
    Ziel: Einwand-Geber befriedigen, konkrete Lösung für das Argument, keine Diskussion um andere Themen
  5. Einwand-Geber fragen: Gibst du KonsenT zu dem neuen Vorschlag?
  6. Neuen Vorschlag dem Gesamtteam zum KonsenT stellen

Es gibt eine Reihe von konkreten Hilfen/Tricks, wie Einwände leichter integriert werden können:

  • Informationen geben (über bisherige Regeln/Prozesse)
  • Aus Sorgen – Messungen machen: Ist es okay, dass du den schwerwiegenden Einwand bringst, wenn die ZDF da sind?
  • Gültigkeitszeitraum ins Bewusstsein rufen oder verkürzen
  • Auslagerung in eine AG mit involvierten Person + 1-2 neutrale Personen – gemeinsamen Vorschlag beim nächsten Mal einbringen
  • Entscheidungsform wechseln: KonsenT zum systemischen Konsensieren oder  Delegation an eine AG oder Einzel-Person. Oder Stimmungsbild bei verschiedenen Alternativen einholen.
  • Wenn Schwierigkeiten häufiger kommen:
    • Gemeinsames Ziel/Angebote überdenken: Passt das noch für alle? Gibt es hier wesentliche Differenzen?
    • Wenn es konkret um eine Person, einen „Störenfried“ geht, Entlassungsprozess als Extra-Punkt beim nächsten Mal einbringen: Probezeit/andere Rolle im Kreis/Unternehmen oder Entlassung
  • Kleine Pause zum Überdenken oder Neues Treffen zum Thema innerhalb von 48 Stunden
  • Nächst-höherer Kreis entscheidet, wenn es eine Entscheidung braucht
  • Bei der nächsten Abfrage: Zuerst „leichte“ Einwände abfragen und ausdrücken lassen (ggf. ins Protokoll nehmen), dann „schwerwiegende“ Einwände
  • Wenn die Zeit eng wird noch auf die Konsequenzen hinweisen: Wenn wir jetzt keine Entscheidung treffen ist das okay, aber dann passiert das und das… Ist es besser jetzt so fortzufahren oder ohne Entscheidung?

In S3 gibt es eine schöne Grafik, die verschiedene Möglichkeiten des Umgang mit Einwänden beschreiben (vgl. Pattern Einwand-Integration):

Vgl. Meine Kurzpräsentation von mir zum Thema

Die Einwand-Integration in S3 hat große Ähnlichkeiten mit der Soziokratie. Vgl. S3 Pattern Einwand und Einwand-Integration

In der Holakratie ist der Umgang mit Einwänden etwas leichter zu handhaben. Zum einen filtert die Validitätsprüfung schon viele Einwände aus und zum anderen gibt es klare Regeln der Einwand-Integration.

Nachdem die Moderation alle Einwände getestet hat und sie aufgeschrie­ben hat, gibt es folgenden Ablauf .

  • Für jeden Einwand stellt sie die Frage: „Was können wir hinzufügen oder verändern, um diesen Einwand zu beheben?“
  • Der Einwand-Geber oder auch andere aus dem Kreis machen Vor­schläge für die Veränderung. Prinzipiell ist die Einwand-Geberin verantwortlich für die Modifizierung des Vorschlages. Bringt sie keine weiteren Vorschläge, dann wird der Einwand fallen gelassen. ( Vgl. Verfassung 3.3.8.)
  • Frage an Einwand-Geber: „Würde diese Veränderung den Einwand beheben?“
  • Frage an die Vorschlag-Geberin: „Würde diese Veränderung weiterhin deine ursprüngliche Spannung beheben?“ (Also den Grund, warum das Thema überhaupt auf die Agenda kam.)
  • Wenn beide zufrieden sind, dann ist der modifizierte Vorschlag ange­nommen.
  • Der Einwand kann vom Facilitator verworfen werden, wenn der Einwand­bringer nicht zur Integration beiträgt. Ebenso kann der Vorschlag verworfen werden, wenn die Vorschlageinbringer nicht aktiv zur Integration beiträgt. (Vgl. Verfassung Kap 3.2.6. (b) und (c))