KonsenT

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Der KonsenT ist die Grundlage der Entscheidungsfindung in der Soziokratie.
KonsenT heißt: „Ich habe keinen schwerwiegenden Einwand im Hinblick auf das gemeinsame Ziel.“

„Schwerwiegend“ heißt:

  • Ich kann/will diese Entscheidung nicht ausführen.
  • Mit dieser Entscheidung entfernen wir uns von unserem gemeinsamen Ziel.
  • Diese Entscheidung schadet unserem Team.
  • Wir können diese Entscheidung später nicht mehr rückgängig machen oder nachsteuern.
  • Diese Entscheidung würde zu Konsequenzen führen, die wir vermeiden möchten.
  • Es gibt es keine wesentlichen Verbesserungen (für die sich der Integrationsaufwand lohnt).

Das gemeinsame Ziel verbindet das Team. In der Soziokratie ist es die gemeinsame Vision einer besseren Welt außerhalb der Organisation. Dabei gibt es prinziell eine Vision für die Gesamt-Organisation und ggf. Vision oder Ziele für das Team, der Beitrag des Teams für die Gesamt-Vision.
Anstelle der Vision kann auch der Purpose Orientierung geben oder Jahres-Ziele, auf die sich das Team geeinigt hat.

Ein schwerwiegender Einwand öffnet die Integrationsphase. Es ist KEIN Veto, sondern nur eine Extraschleife: Wir haben etwas Wichtiges übersehen und müssen dieses Argument noch in unsere Lösung integrieren.

Grafisch kann der KonsenT so näher beschrieben werden:

  • Das Optimum ist meine Lieblingslösung = 100%
  • Der Wohlfühlbereich ist die KonsenS-Zone. Da fühle ich mich wohl, es passt gut, ich stimme zu. Ca. 70-100%
  • Der Toleranzbereich ist die KonsenT-Zone: Es ist okay. Es ist sicher genug, auszuprobieren oder gut genug für jetzt. Naja, okay, probieren wir es. Ca. 50-100%
  • Die KO-Zone ist der Bereich, wo ich einen schwerwiegenden Einwand spüre: Na, so geht es nicht. Das führe ich nicht aus und schadet uns…

Eine andere Beschreibung für den KonsenT oder die Na-Ja-Zone ist:

  • Es ist genug für jetzt? [Good enough for now]
  • Es ist sicher genug, um es auszuprobieren [Safe enough to try]
  • Darf die Bahn weiterfahren – im Kontrast zum Gebrauch der Notbremse (die Definition von Dark Horse: Thank God it`s Monday)

Jedes Team-Mitglied hat die Macht einen schwerwiegenden Einwand einzubringen. Keiner kann diesen Einwand überstimmen. Nur der Einwand-Geber kann ihn zurückziehen oder einer neuen Lösung seinen KonsenT geben.

Schwerer – Leichter Einwand

Neben dem schwerwiegenden Einwand gibt es auch leichte Einwände oder Sorgen. Sie haben keine aufschiebende Wirkung, aber häufig tut es gut, diese zu benennen oder daraus Messkriterien zu machen, um die Qualität der Entscheidung zu evaluieren

In S3 gibt es drei Handzeichen für die KonsenT-Abfrage

  1. Daumen hoch für KonsenT
  2. Handfläche nach unten und etwas wackeln – Naja = Bedenken
  3. Handfläche nach oben geöffnet, wie wenn man ein Geschenk geben würde = schwerwiegender Einwand als Geschenk

Offiziell gibt es den schwerwiegenden Einwand in S3 nicht, sie sprechen „nur“ von Einwand, definieren ihn aber ähnlich wie in der Soziokratie.

Ich persönlich finde die Handzeichen: Daumen hoch, Daumen zur Seite und Daumen runter auch passend, auch wenn der Daumen runter etwas an das Cäsaren-Urteil in der Gladiatorenkampfbahn erinnert. Es drückt den schwerwiegenden Einwand sehr kräftig aus und jeder Kreis kann sich seine Handzeichen ausmachen.

Qualifizierung/Validierung von Einwänden

In S3 gibt es den Prozess der Qualifizierung von Einwänden, der in der Konsent-Entscheidungs-Findung integriert ist. Letztendlich wird die Gruppe gefragt, ob das Argument hinter dem Einwand als Argument anerkannt werden soll.

In der Holakratie gibt es die Validierung von Einwänden, d.h. fünf Fragen für den Einwand-Geber, die leicht mit Ja/Nein zu beantworten sind und festlegen, ob ein Einwand als „valide“ erlaubt ist oder nicht.

Fassaden-KonsenT

Wenn eine Person mündlich KonsenT gibt, aber es innerlich nicht wirklich meint, dann nenne ich das „Fassaden-KonsenT“. In einigen Projekten ist es mir schon passiert, dass Mitglieder der Gruppe, nicht wirklich KonsenT meinten, was ich in späteren Gesprächen von ihnen gehört habe.
Wie damit umgehen?
In Einzelgesprächen herausfinden, was die Gründe sind, ggf. die Personen coachen, ggf. das Thema im Kreis behandeln. Ein Delegierte hatte sich mal nicht getraut gegen seine Teamleitung zu sprechen, ein anderer hatte dem Gesamtsystem misstraut („Das ist doch alles ein Spiel. Die Geschäftsführung entscheidet eh am Ende“), einige konnten ihre Einwände nicht gut artikulieren oder es ging zu schnell mit der Entscheidung. Ein Aspekt kann die psychologische Sicherheit sein: Inwiefern ist es möglich, seine Sichtweise ohne „Bestrafung“ auszudrücken?